Karawaj-Shura

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Die Karawaj-Shura ist ein Gericht, welches in einer Reisegruppe oder Karawane gesprochen wird. Sie wird in der Regel nur in Sonderfällen einberufen, wenn das Verbrechen, welches begangen wurde, sofort verhandelt werden muss, zum Beispiel weil eine spätere Verhandlung entweder durch den Transport des Verbrechers zu einer anderen Stadt einen Umweg bedeuten würde oder man dem/den Geschädigten einen längeren Aufenthalt mit dem Verbrecher in einer Gruppe nicht mehr zumuten möchte.

Sie verläuft nach einem festgelegten, althergebrachten Ritual: Der Angeklagte wird gebunden. Er darf einen Fürsprecher nennen, der für ihn das Wort führt. Er selber darf mit dem Fürsprecher flüsternd sprechen, vor der Urteilsverkündung nicht aber das Wort direkt an den Ankläger oder die Gruppe richten – weil seine Lügen die Ohren der Umstehenden beschmutzen würden.

Der Gebundene wird nun auf einer Anhöhe platziert, in der Regel auf seinen Knien. Zu seiner rechten Hand steht der Ankläger (der Geschädigte), zu seiner Linken der Fürsprecher. Vor der Anhöhe versammeln sich die Männer der Karawane um die Anhöhe. Der Ankläger trägt die Untaten des Angeklagten vor. Anschließend darf der Fürsprecher sprechen. Anschließend wird die Menge durch Ausrufen der geforderten Strafe diese festlegen, es sei denn, Ankläger und Fürsprecher einigen sich selbstständig auf eine festzulegende Strafe. Frauen sind bei der Karawaj-Shura nicht anwesend, sie verbleiben in den Zelten.

Da die Menge untereinander diskutiert, wirkt die Karawaj-Shura für Uneingeweihte durcheinander und planlos. Das Urteil ist erreicht und gilt als verkündet, wenn die gesamte Menge der Anwesenden unisono eine Strafe ausruft. Hier liegt auch der „mystische Kern“ der Karawaj-Shura: Da nicht die Weisheit eines Ältestenrates zur Verfügung steht, wird davon ausgegangen, dass mit dem einstimmigen Ausruf der Strafe die Götter bzw. ein Engel Elahims von den Männern Besitz ergreift. Damit sind Irrtümer und Fehlurteile quasi ausgeschlossen. Es soll sogar schon vorgekommen sein, dass die Männer ohne eigenes Zutun oder Wollen „Freiheit! Freiheit!“ ausriefen, bei einer Straftat, der ein Gebundener irrtümlich verdächtig war.


Sanktionsmöglichkeiten

Folgende Urteile können nach den tradierten Regeln ausgesprochen werden:

- Freiheit (wenn der Verurteilte erwiesenermaßen unschuldig ist)

- Bindung: Der Gebundene bleibt für eine festgelegte Anzahl an Tagen gefesselt, darf aber den Marsch mit der Karawane auf seinem Reittier fortsetzen

- Bindungsgang: Der Gebundene bleibt für eine festgelegte Anzahl an Tagen gefesselt, wird aber an sein Reittier gebunden und muss neben der Karawane herlaufen bzw. wird bei Entkräftung geschliffen.

- Schimpf und Schande: Der Gebundene wird durch die Gruppe geschmäht und misshandelt. (Siehe Artikel)

- Rutentanz: Der Gebundene wird durch bis zu fünf Männer der Gruppe mit Ruten geschlagen (Siehe Artikel)

- Himmlische Steine: Der Gebundene wird durch eine vorher ermittelte Menge an Steinen gesteinigt. (Siehe Artikel)

- Wegnahme: Dem Gebundenen wird ein Körperteil abgeschlagen. Üblicherweise wird jenes Körperteil entfernt, mit dem er den Frevel begangen hat. Die Wunde wird während des Vorgangs oder unmittelbar danach verödet, damit der Amputierte nicht (sofort) stirbt.

- Verbannung: Der Verurteilte wird fortgeschickt, mit genug Wasser für drei Tage und etwas Nahrung. Hierbei handelt es sich, da dem Verurteilten kein direkter Schaden zugefügt wird, nicht um eine Körperstrafe im klassischen Sinne.

- Gottesurteil: Der Gebundene wird niedergeschlagen und in der Wüste ausgesetzt. Ob er überlebt oder stirbt, liegt nun in den Händen der Götter oder Elahims.

Nach der Vollstreckung des Rutentanzes, der Wegnahme oder der himmlischen Steine bekommt der Verurteilte nun, da er „gereinigt“ und die Schuld getilgt ist, medizinische Hilfe. Möglich ist es zudem, außer diesen Körperstrafen oder zusätzlich zu diesen, ein Strafgeld zu verlangen, welches der Schädiger dem Geschädigten auszahlt. Die Karawaj-Shura ist von nahezu allen Völkern der Abajaiden bekannt. Nur die Gazemli scheinen eine andere Form der Urteilsfindung zu haben.