Die Dame im See: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 9. November 2009, 16:57 Uhr
Surrr, surrr, surrr.
"Muttchen, erzähl uns was ! Von Geistern und Gespenstern !"
Surrr, surrr, surrr.
"Ey was ! Dann könnt ihr nicht schlafen !"
Surrr, surrr, surrr.
"Doch ! Bestimmt ! Uns ist so langweilig..."
Surrr, surrr, surrr.
Großmutter wirft einen schnellen Blick durch die Wohnkammer, in die spärlich beleuchtete Ecke in der sich
Vater und Mutter im Schneidersitz niedergelassen haben um Wolle zu säubern.
Nur eine blakende Talgfunzel spendet etwas Licht in dem dunklen Raum in dem die Familie wie jeden Abend beisammen sitzt.
Vater und Mutter sitzen auf einem ausgebreiteten Tuch, darauf vor sich ein Haufen ungesäuberter Wolle, in einem großen Korb zwischen ihnen die gesäuberte und jeweils neben ihnen ein kleiner Haufen Abfalls.
Mutter, Großmutters Tochter, blickt heimlich mahnend zur Alten die an ihrem Spinnrad die Wolle zu Fäden spinnt, vor sich drei Kinder die sich zu ihren Füßen auf dem Boden kauern und sie mit großen, flehenden Augen ansehen.
"Mach ihnen nicht wieder Angst das sie im Schlafe weinen !" spricht der Blick der Mutter während Vater unverdrossen weiter Wolle säubert.
Sich wieder auf ihr Spinnrad konzentrierend lauscht Großmutter den Wellen die an den Pfählen der Rundhütte im See glucksen und dem Surren ihres nimmermüden Spinnrades.
Surrr, surrr, surrr.
"Ey, ich erzähl euch was von der Dame im See und von den Feen des Waldes...
Kennt ihr die Dame im See ?"
Stumm schütteln die Kinder ihre Köpfe.
Das da eine Frau im See sein soll, davon haben sie ja nun wirklich noch nichts gehört.
"Warum ist denn da eine Dame im See ?" will eines der Mädchen wissen.
Surrr, surrr, surrr.
Surrr, surrr, surrr.
"Ey, die lebt da. Schon immer.
Seit Menschen Gedenken.
Sie ist der gute Geist des Sees.
Horcht !
Hört ihr den See ?
Er erzählt Geschichten, unaufhörlich, vom Anbeginn der Zeit, als der See selbst noch ein Kind war, ein kleiner See den eine Fee fand und sich als guter Geist in ihm niederließ um ihn zu beschützen und Heimstatt zu haben."
Surrr, surrr, surrr.
Mit offenen Mündern starren die Kinder zu Muttchen empor.
Rutschen ungedultig auf den Schilfmatten die den Holzboden bedecken.
Jetzt hebt auch Vater kurz seinen Blick, denn diese Geschichte kennt er selbst noch nicht.
Surrr, surrr, surrr.
"Ja früher, früher haben die Menschen noch Opfergaben im See versenkt.
Ein gutes Schwert, verbogen oder zerbrochen, um es den Göttern zu weihen, und dann im See versenkt.
Geschmeide ! Münzen !
Aber auch Kriegsgefangene als Opfergaben an Taranis oder Lugh. Oder an die Dame im See selbst.
Ihr habt doch bestimmt schon zerschlagene Töpfe im See gefunden ?
Auch das waren einmal Opfergaben. Wer weiß womit sie gefüllt waren ?
Mit Gold ? Mit Speisen ? Mit guten Wünschen ? Mit abgeschlagenen Köpfen besiegter Feinde ?"
Surrr, surrr, surrr.
Die beiden Mädchen schauen zum Jungen, der umfasst schnell seinen linken Fuß.
Erst vorgestern hat er sich wieder den Fuß an einer Scherbe zerschnitten als sie im See herumtollten.
Er tauchte kurz, tastete im Schlamm und fand eine alte Scherbe.
Ja, Scherben haben sie schon viele gefunden...
Schätze im See ?
Surrr, surrr, surrr.
"Beschützt die Dame im See die Schätze ?" lautet sogleich logischer Weise die Frage des Jungen.
Surrr, surrr, surrr.
"Die Dame im See beschützt den See !
Die Flüße ! Die Bäche ! Die Quellen !
Ja, vor allem die Quellen. Das Wasser. Es schenkt der Erde das Leben. Nur wenn das Wasser gut ist ist auch das Land gut.
Im Wasser leben die Geister unserer Ahnen, die Naturgeister die alles Leben schützen. Die Feen !
Sie leben auch in den Wäldern, in besonderen Bäumen, in den Mooren und auf und in Bergen und Hügeln !
Sie hegen und pflegen. Sie sind die Seelen der Natur, ihre Diener.
Doch vor Menschen verstecken sie sich, ja, weichen gar wenn es zu viele werden."
Surrr, surrr, surrr.
"Kennt ihr den dicken Haselstrauch bei der alten Eiche ?
Auch da drin wohnt bestimmt ein Feelein.
Sie machen Pflanzen heilend, geben den Früchten guten Geschmack.
Doch sie können auch böse werden wenn man sie reizt, ihr Heim bedroht, ihren Baum abholzt oder ihren Berg durchbohrt !
Dann spielen sie gar arglistige Streiche, machen Menschen krank oder verletzen sie.
Auch so muß man vorsichtig sein will man die Früchte ihres Heims genießen.
Ich habe gehört in den Schattenklippen gibt es Quellen die rostig sind von Eisen das Nixen hineinstreuen.
Wehe dem Magier der davon kostet !
Zauberkundige hüten sich vor braunem Wasser. Wie Gift ist es für sie.
Aber für nicht Zauberkundige sind diese Quellen heilende Quellen. Ein Schluck daraus kann viele Krankheiten kurieren.
In den Mooren gibt es Feen die als Lichter Wanderer in die Irre führen, tief ins Moor hinein locken bis diese nicht mehr herausfinden und jämmerlich untergehen oder wirr werden.
Man sagt aber auch diese Lichter leuchten den Toten damit sie sich nicht so alleine fühlen und verzweifeln."
Surrr, surrr, surrr.
Draussen ziehen Nebelschwaden über dem See auf, sie kommen aus dem Moor zwischen den Bäumen sacht herangeglitten.
In der Ferne heult ein Wolf zum bleichen Mond empor der langsam hinter feinen Dunstschleiern verschwindet.
Das Glucksen des Wassers an den Pfählen wird immer leiser, der dunkle See immer stiller.
Surrr, surrr, surrr.
Vater und Mutter kämmen schon lange keine Wolle mehr.
Gebannt wie die Kinder lauschen sie den Erzählungen der Großmutter.
Surrr, surrr, surrr.
"Feen und Wassergeister sind die gleichen. Wie unsere Dame im See hier.
Ich höre sie Nachts manchmal flüstern !
Sie meint es gut mit uns. Schenkt uns Fische, umgibt uns wie ein Schutzwall, hält Getier von uns fern.
Wir dürfen sie nur nicht erzürnen. Den See verschmutzen, zu viel fischen, andere hier siedeln lassen."
Ermahnt die Großmutter.
Surrr, surrr, surrr.
"Im Nebel kann man sie manchmal sehen !
Drum liege ich oft Nachts wach, lausche und schaue aus dem Fenster wenn der weiße Schleier das Land bedeckt.
Dann erzählt mir die Dame von vergangenen Zeiten, als Orks in die Wälder drangen, versuchten aus den Sitzen der Riesen Behausungen zu machen.
Wie die Feen dann die Wasser und Früchte vergifteten das es den Unholden schlecht erging und sie geschwächt in die Schlacht gegen die Menschen, Elfen und Zwerge ziehen mußten. Darum verloren sie und wurden wieder vertrieben !
Und aus Dank dafür bohrten die Zwerge dann unsere Berge an und erzürnten die Geister in den Bergen !
Das war nicht wohl getan von ihnen."
Surrr, surrr, surrr.
"Ey, jaja, auch die Elfen kennen diese Geister der Natur, leben sie doch selbst in den tiefen der Wälder und Moore.
Die wissen schon wie sie mit ihnen auskommen und im Einklang leben."
"Ich habe schon diese Lichter im Moor beim Torfstechen am Abend gesehen," wirft Vater leise ein.
"Auch weiß ich von anderen das sie Tote dabei gefunden haben, wie schlafende.
Krieger in voller Rüstung, oder Orks. Oder unvorsichtige Menschen oder gefesselte Verbrecher.
Aber niemals Elfen, nein, niemals Elfen."
Wie ein finsterer schwarzer Spiegel liegt nun der See draussen, nicht die kleinste Welle kräuselt die Oberfläche.
Alle Geräusche der Nacht sind verschwunden, tiefe, bleierne Stille hat sich über das Land gelegt.
Kaum ein paar Schritt weit könnte man sehen wäre man draussen unterwegs im tückischen Moor.
Eine Welt wie tot im grenzenlosen Nichts.
Surrr, surrr, surrr.
Feine, gegerbte Tierhäute versperren jedoch den Blick nach draussen, dafür lastet das Fehlen jeglicher Geräusche von jenseits dieser Lederstücke schwer auf den Menschen in ihrer Wohnstatt.
Die Alte spinnt unbeeindruckt weiter ihre Fäden.
Surrr, surrr, surrr.
"Ey, als ich ein junges Mädchen war erzählte meine Großmutter mir von der Dame im See.
Sie erzählte wie unsere Vorvorfahren in den Wäldern und Sümpfen Zuflucht vor einem mächtigen Feind fanden.
Wie jener weise Mann von dem unsere Sippe abstammt diesen See fand.
Er hatte wohl ein Gespür für Magie und wußte um alte Legenden und Sagen und das so ein besonderer Ort nicht ohne
dem Schutz der Natur sein könnte.
Andere, Freunde, halfen ihm Steine im See zu schichten und die ersten Pfähle zu rammen.
Es wurde viel geopfert, die Götter, die Natur, die Dame besänftigt.
So stand bald das erste Seehaus und seine Familie fand Schutz unter der Hand der Dame vom See."
Surrr, surrr, surrr.
Die Stille draussen wiegt immer schwerer.
Mit ihren gichtigen Händen hält die Großmutter das surrende Spinnrad an, beugt sich nach vorne und fixiert die mit offenen Mündern und geweiteten Augen dasitzenden Kinder.
"Und dann, als meine Großmutter ein junges Mädchen war, schlichen Diebe und Mörder durch Wald und Moor.
Plündernd und brandschatzend...
Heute der eine Hof, am nächsten Tag ein anderer.
Bleiche Knochen in schwelender Glut abgebrannter Hütten.
Schwer beladen mit geraubten Schätzen zogen die Verdammten gierig weiter um auch die letzte Heimstatt zu verwüsten und die Bewohner zu massakrieren.
Dann kamen sie auch hier an den See.
An mondhellem Abend.
Von weitem hörte man schon das Geklimper ihrer Beute, ihrer Rüstungen und Waffen.
Das Gegröhle siegessicherer, besoffener Schänder und Mörder.
Doch !
Obwohl sie näher kamen wurden die Geräusche immer leiser !
Selbst der sonst so muntere See immer stiller.
Dichter Nebel senkte sich über alles, sperrte den Mond aus, breitete sich aus wie ein weißes Leichentuch.
Totenstill wurde es hier in dieser Hütte.
Dann !
Plötzlich !" ruckartig schnellt die Alte empor, breitet die Arme aus:" schlugen heftige Wellen gegen die Pfähle.
Ein lautes Klatschen wie aus dem Nichts.
Kein Schrei, kein Klirren.
Immer leiser wurden wieder die Wellen, leckten bald nur noch sanft ans Ufer, dann war alles wieder mucksmäuschenstill !
Nie wieder hat man von dem üblen Räubervolk vernommen..."
Erleichtert atmet die Familie wieder tief ein, keiner hatte gemerkt wie sie alle vor Schreck die Luft angehalten hatten.
Die Großmutter senkt ihre Arme, lässt die Kinder aber nicht aus ihren durchbohrenden Augen.
Laut kracht es und platscht draussen !
Mutter gräbt ihre Fingernägel in den Arm ihres Mannes, die Kinder schreien erschreckt auf.
Dann schlagen Wellen an ihr Heim.
Alles sitzt wie erstarrt.
Leiser werden die Wellen, immer leiser.
Bald senkt sich wieder bleierne Stille übers Land.
Surrr, surrr, surrr.
Unbeeindruckt spinnt die Alte weiter ihre Fäden.
"Fürchtet euch nicht, die Dame im See beschützt uns ! Kein Feind vermag uns hier im See zu erreichen.
Das war früher so, das wird immer so sein..."
Surrr, surrr, surrr.
Draussen im stillen, dunklen See treibt der Stamm eines alten, morschen Baumes.